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Professorin Christine Lüdeke und Alexandra Vogt besuchten Bandung

Tausende Kilometer entfernt, aber doch ganz nah beisammen: Seit 2021 besteht eine enge Kooperation zwischen Pforzheim und Bandung in Indonesien. Nun sind Design-Professorin Christine Lüdeke und Alexandra Vogt vom EMMA-Kreativzentrum auf Einladung des Goethe Instituts und des Institut Français d'Indonésie nach Bandung gereist. Zuletzt waren der indonesische Künstler Vincent Rumahloine sowie zwei weitere Künstlerinnen der Rakarsa Foundation im Sommer 2022 im EMMA-Kreativzentrum und an der Fakultät für Gestaltung zu Gast. Seither arbeiten die Institutionen gemeinsam daran, den Austausch zu intensivieren.

Unbedingt etwas bewegen zu wollen und sich von schwierigen Rahmenbedingungen nicht abhalten lassen, das hat Christine Lüdeke und Alexandra Vogt nachhaltig beeindruckt. Während ihres Aufenthaltes in Bandung im Rahmen des Projektes „Design City Trilogy“ haben sie viele Designerinnen und Designer kennengelernt und deren Ateliers besucht. „Sie alle haben gemeinsam, dass sie traditionelle Techniken und Materialien ins Heute übertragen“, sagt Alexandra Vogt. Der Künstler Fatchurohman arbeitet mit Papier und Bambus und nutzt die Technik Kolaste, eine Kombination aus Collagieren und Weben. „Er malt mit Fetzen, könnte man sagen, und schafft mit seinen Bildern mehrschichtige Eindrücke des täglichen indonesischen Lebens in imponierender Größe“, erzählt Christine Lüdeke. Oder der Künstler und Designer Adhi Nugraha. Er hat in Bandung am Insitute of Technology studiert und im Anschluss seinen Master und eine Promotion an der Alvar Aalto Universtiät in Finnland gemacht. Er mischt südostasiatische und skandinavische Formensprachen und nutzt für seine Möbel die traditionellen Materialien Bambus und Rattan. Aktuell experimentiert er mit Kuhdung als Material und entwickelt neue, ästhetische und funktionale Objekte für den Alltag. Gerade weil Kuhdung wegen des Geruchs als störend empfunden wird, will er daraus etwas Sinnliches und Ästhetisches entwickeln.

Design ist immer auch gleich Social Design: Adhi Nugraha und andere Kreative beschäftigen Menschen aus der Umgebung und geben ihnen Arbeit. Die Gemeinschaft hat einen großen Stellenwert, auch im Machen von Design. Miteinander etwas zu bewirken ist viel wichtiger als schnell zu einem Ergebnis zu kommen. „Und das ist eine wichtige und bereichernde Erkenntnis. Wenn wir nicht sofort ein Ergebnis sehen, haben wir das Gefühl, es passiert nichts und verlieren schnell die Geduld. Wir glauben, nur wenn es Regeln und einen Kontext gibt, folgen auch Resultate. Aber das ist nicht richtig. Denn damit geht sehr viel Soziales verloren oder bekommt gar nicht erst den Raum, sich zu entwickeln. Gemeinsames Tun ist ja auch Teil des Designprozesses.“

Die Designstadt Bandung ist die regionale Hauptstadt von West Java und Mitglied des UNESCO Creative City Networks – und sie ist eine Millionenstadt mit den für Südostasien typischen Widersprüchen und Kontrasten. Kultur, Gestaltung und Design sind in Bandung ein Macher und ein Motor. Die Kreativen sind weltweit vernetzt, der Umgang mit Social Media ist tief verankert im gestalterischen Arbeiten. In Bandung bleibt man und baut genau dort vor Ort gemeinsam etwas auf, zum Beispiel den Hallway Space in einer ehemaligen Markthalle, die leer stand und nicht mehr genutzt wurde. Und dabei mischen sich die Disziplinen: Kochen gehört zur creative industry. Viele Designer betreiben in ihren Ateliers ein Café oder einen Shop für Produkte anderer Designer, am Ende geht es immer darum, miteinander ins Gespräch zu kommen und Ideen zu entwickeln.

Zum Ende des Aufenthalts waren Christine Lüdeke und Alexandra Vogt Gäste des internationalen Symposiums „Connecti:city“. In einem Vortrag präsentierte die Professorin den Kreativ-Standort Pforzheim und erläuterte die Planungen für die Ornamenta 2024. In Bandung laufen gerade die Planungen für die Design Biennale im Herbst 2023. „Sekitarnya“ wird das Thema sein, Umgebung, im Sinne von: Wie umgibt Design unseren Alltag – unsere Umgebung ist Design. Das Netzwerk zu intensivieren und auszubauen, daran ist beiden gelegen: „Was diese Leute dort auf die Beine stellen, hat großes Gewicht für die creative economy. Wir haben den Bandung-Effekt mit nach Hause genommen: Geht raus und macht!“

Lena Beigel erhält Stipendium „Design City Trilogy“

Den Residence-Aufenthalt in Bandung erhält die Designerin Lena Beigel. 2016 absolvierte sie ihr Schmuck-Studium in Pforzheim und schloss ein Master-Studium an der Burg Giebichenstein an. Seit drei Jahren arbeitet sie als Designerin in Wien bei EOOS NEXT, das Social Design- und Sustainable Design-Projekte entwickelt. Während ihres zweimonatigen Aufenthaltes im Herbst in Bandung wird sie an einem Projekt arbeiten, das das Material Erde als Urmaterial aufgreift, und an der Bandung Design Biennale präsentieren.

Das Stipendium ermöglichen: das Französische Institut Indonesien/Bandung (IFI) und das Goethe-Institut Bandung in Zusammenarbeit mit der City of Design/Superior School of Art and Design of Saint-Étienne, dem EMMA-Kreativzentrum Pforzheim, der Fakultät für Gestaltung Pforzheim und der Bandung Design Biennale, dem KreasiJabar (Kommitee für kreative Wirtschaft und Innovation in West Java), dem ITB (Bandung Institute of Technology) und dem HIMKI (indonesischer Verband der Möbel- und Kreativindustrie).