Design PF

Neue Konzepte für VW

Interdisziplinäres Arbeiten at its best: 49 Studiernde aus vier Studiengänge haben in Kooperation mit der Volkswagen AG eine fiktive Automarke entwickelt. Neben den Studierenden aus dem Transportation Design waren auch Studierende aus der Visuellen Kommunikation und den Mastern Creative Direction und Creative Communication & Brand Management beteiligt.

Wie geht man vor, wenn etwas ganz Neues entstehen soll? In Teams mit verschiedenen Perspektiven arbeiten und Fragen stellen – und zunächst einmal gemeinsam nach Potsdam fahren. Im Volkswagen Future Center Potsdam haben Studierende, Lehrende und Mitarbeiter*innen von VW die genaue Positionierung der Marke und des Fahrzeugsegments gemeinsam definiert. Begleitet wurde das Projekt von Peter Wouda, selbst Pforzheimer Absolvent und Design Director der VW-Gruppe und VW-Design-Stratege Sebastian Brunner. Neben dem eigentlichen Fahrzeug waren Konzepte zu Mobility Services, Charging, Retail, Merchandise und Marketing gefragt.

Gearbeitet haben die jungen Kreativen mit der Methode des 360° Grad Customer Experience Designs: Hinter diesem Ansatz der 360°-Kundensicht steht die Idee, dass Unternehmen vollständig aus der Sicht der Kunden für die Kunden denken. Ausschließlich um ein Auto musste es dabei aber nicht gehen. „Mobilität hat so viele Facetten, es muss kein Auto sein, es ist wichtig, auch in anderen Kategorien zu denken“, sagt Prof. Kurt Beyer, der den Studiengang Transportation Design leitet. Aber bis es zu einem Entwurf eines Fahrzeuges kommt, muss es eine Story geben, eine Zielgruppe, eine Vision, für wen das neue Produkt entwickelt wird. Dazu gehört, neue Kundengruppen zu erschließen, Kinder etwa oder die silver generation. An diesem konzeptionellen Überbau haben die Master-Studierenden federführend gearbeitet. „Anfangs ist es schwer vorstellbar, wie so ein riesen Konzern zu seinen Designs kommt. Überraschend war dann: Sie machen es wie wir! Sie arbeiten ebenfalls in multidisziplinären Teams an unterschiedlichen Themen“, sagt Master-Studentin Katharina Hengster. Die Gruppen stiegen ein: Warum braucht VW eine neue Marke, wenn es unter dem Konzerndach bereits zehn Marken gibt? Und welche Inhalte müssen diese neuen Visionen tragen, wenn sie so gar nichts mit VW zu tun haben sollen? Die Studierenden haben Megatrends in den Fokus genommen, auf die die Mobilität aufsetzen kann, die mentale Weiterentwicklung zum Beispiel. „Wir haben uns darauf fokussiert, den Weg von A nach B zu nutzen und für die jüngste und die älteren Generationen ein Edutainment-Programm entwickelt: Lebenslanges Lernen und Mobilität miteinander verbinden.“ Am Ende mündete der Research in zwei Positionen, beyond the battery und smart cycle of life, für die die Bachelor-Studierenden in die Entwurfsphase gingen.  

Moritz Deininger setzt mit „IUNO Nintendo“ auf eine Fahrzeugplattform, die von mehreren Familienmitgliedern genutzt werden kann. Je nachdem, welches Innenraummodul eingesetzt wird, hebt oder senkt sich der hintere Boden und schafft so unterschiedliche Raumsituationen. Beim Kindermodul beispielsweise wird der Boden nach unten verlegt, da Kinder in der Regel nicht viel Gepäckraum benötigen, stattdessen aber mehr Innenraum zum Spielen und Bewegen. Luis Schwarzhaupt und Anabelle Beyer haben im Tandem gearbeitet und sich zum Thema Logistik Gedanken gemacht. „Riesige Tanklastzüge sind tagelang unterwegs und stoßen dabei Tonnen von Schadstoffen aus, das muss sich ändern“, sagen sie. Alle Transportmittel müssen nachhaltiger werden, aber vor allem logistische Prozesse werden bislang vernachlässigt. Ihre Marke „Tjark“ bietet Produkte für alle Bereiche der Logistik an, wie zum Beispiel das Containerschiff „Aruna“. Es bewegt sich ausschließlich mit Windkraft und verursacht somit keine Emissionen. Um das Gewicht der Container auszugleichen, kann das gigantische Segel mit Helium gefüllt werden, was zusätzlichen Auftrieb erzeugt. Um Zeit zu sparen, kann der Träger, auf dem sich die Container befinden, während der Fahrt abgesetzt oder aufgenommen werden. Luis ist Student aus dem Transportation Design, Anabelle studiert Visuelle Kommunikation. Sie war im Team für den Namen, die Marke und das Logo zuständig, Luis hat den Entwurf für das Containerschiff geliefert: „Das Herausfordernde in der Zusammenarbeit zwischen uns war gleichzeitig auch das Zielführende: Sich immer wieder abzustimmen, um beim CI und dem Schiffsentwurf in eine Richtung zu gehen, sich gegenseitig Input zu geben und die andere Sichtweise zu erfahren, das war am Ende auch ein effektiver Weg, um an das beste Ergebnis zu kommen.“

Constantin Sorge hat die Idee des Eigentums neu gedacht: eine neue Art von Banking, das sich auf Rohstoffe konzentriert und eine zirkuläre Wirtschaftsstruktur nutzt. Was wäre, wenn wir in jedem Lebensabschnitt die gleichen Ressourcen nutzen und immer wieder auf unser Konto einzahlen könnten? „Blank“ ist ein systematischer Designansatz für eine neue Art von konstruktionsbasierter formaler Ästhetik und es ist ein Bankensystem, das Rohstoffe anstelle von Geld verwendet. Einen Kindergarten-Shuttle hat Mara Baum entworfen. Wie sollte ein Fahrzeug aussehen, wenn Kinder nicht mehr von Erwachsenen gefahren werden müssen? Im Design für „Bumble“ hat sie Kinder miteinbezogen, alles ist abgestimmt auf ihre Größe. Für Erwachsene gibt es nur eine obligatorische Klappe, um beispielsweise das Auto zu reinigen. „Hummeln strahlen etwas Freundliches, Warmes und Niedliches aus und diese Ausstrahlung habe ich in der Gestaltung aufgegriffen.“

Fabian Reitz‘ Konzept „Cosmic Kids” ist ein Fahrzeug, das sich in einen Bereich für Kinder und einen für Erwachsende teilen lässt. Das Design ist aufgebaut wie ein Puzzle. Ohne den Kinderteil wirkt das Fahrzeug zwar rund, aber nicht ganz komplett. Inspiration für die Form war sowohl futuristisches Spacedesign, als auch Produktdesign, um eine moderne Formsprache zu finden. Es ist aerodynamisch optimiert, um lange Strecken bewältigen zu können. „Sola“ von Lars Riemann ist vom kalifornischen Flair der ewigen Sonne inspiriert. Er hat einen Einsitzer entworfen, der von einem aufblasbaren Solar-Segel angetrieben wird. Neben dem Einsatz nachhaltiger Materialien ist „Sola“ ein Aufruf, sich aktiv im Einklang mit der Natur zu bewegen. Für ein Off-Road-Fahrzeug hat sich Florian Pitschneider entschieden. Seine Marke „Cave“ bietet dem Nutzer eine erholsame und sorglose Zeit außerhalb von Millionenstädten. Sein Interior ahmt einen Höhleneingang nach mit einer frei liegenden Feuerstelle, alles sorgt für ein Gefühl von Geborgenheit, Wärme und Ursprünglichkeit. Das Boot „Sentio“ von Carl Eller nutzt die wirklich nachhaltigen Energiequellen Strom und Wind. In der Form ist das Boot inspiriert von Architektur, nicht von einem Rennwagen. Es gibt im Innenraum keine Displays, keine Benutzeroberfläche und schon gar keinen Strom. Ausgerichtet ist es nach dem Stand der Sonne: Alle Bereiche im Innenraum sind auf die wechselnde Intensität der Sonne abgestimmt.