Design PF

SPIEL MAL – Pforzheim ist kreativer Spielraum

 

Kooperation zwischen Stadt, Hochschule, Kulturhaus Osterfeld und Stadtjugendring 

Die Fakultät für Gestaltung der Hochschule Pforzheim, die Stadt Pforzheim, das Kulturhaus Osterfeld und der Stadtjugendring werden Pforzheim über zwei Jahre hinweg unter der Überschrift „SPIEL MAL“ zu einem kreativen Spielraum wachsen lassen. Die Hochschule übernimmt dabei die Gesamtkoordination und integriert die Programme über ihr eigenes Projekt HOTSPOT (House of Transdisciplinary Studies) in die Lehre. Gefördert wird „SPIEL MAL“ vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. 

    

NEWS AUS DEM FAIR LAND

Mit „A Fair Land Pforzheim“ startet die Fakultät für Gestaltung der Hochschule Pforzheim gemeinsam mit der Stadt das Kooperationsprojekt SPIEL MAL und entwirft für den Waisenhausplatz einen Ort des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Auf über 200 Strohballen wachsen ab Mitte Mai 2020 Zucchini, die in einem Gewächshaus vorgezogen werden.

Das Pforzheimer Waisenhaus ist die Keimzelle der Schmuck- und Uhrenindustrie. Als „Hilfe zur Selbsthilfe“ wurde hier im 18. Jahrhundert nach verheerenden Kriegen eine Berufsschule eingerichtet, an der die Waisenkinder eine Ausbildung zur Goldwarenherstellung erhielten. Gut 250 Jahre später und nach Wochen der Corona-Einschränkungen wächst langsam wieder das Leben – und der verwunschene Ort erwacht. Wenn ab Juni die Bioskulptur saftig grün erstrahlt, beginnt die Zeit der Reife und ganz im Sinne des Gabenzauns werden die Früchte zum Mitnehmen bereitgestellt. 

Natürlich geht es im „Fair Land“ um mehr als nur eine Ernte. Wir experimentieren mit Kunst, Design und Architektur, um so soziale Aktivierung, Koproduktion, poetische Räume sowie ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit zu verbinden. Straw Bale Gardening ist eine Bewegung, die aus Amerika kommt. Das Grundprinzip ist einfach: Nach einiger Zeit zersetzen sich die Strohballen im Inneren und geben dabei Nährstoffe frei. Prinzipiell lässt sich so eine Vielzahl von Gemüse und Blumen kultivieren, aus Gestaltungsgründen haben wir uns für Zucchini entschieden, die hoffentlich zur Freude aller prächtig gedeihen werden.

Der Prototyp von „A Fair Land“ wurde von der britischen Künstlerorganisation Grizedale Arts 2016 zum ersten Mal im Irish Museum of Modern Art Dublin realisiert. Mit „A Fair Land Pforzheim“ setzt die Fakultät für Gestaltung ihre erfolgreiche Reihe zum partizipatorischen Design fort, in der bisher u.a. Workshops mit Assemble & Grizedale Arts (The Creative Everyday 2016), Assemble & Simon Jones Studio (A Characterful Family of Furniture 2017) und Van Bo Le-Mentzel & Vitra (Co-Playing-Möbel und -Spielplätze 2018) stattgefunden haben.

 

Personen

Projektleitung: Stefanie Wetzke und Prof. Dr. Silke Helmerdig, HSPF
Konzeption „A Fair Land Pforzheim“: Dr. Robert Eikmeyer, HSPF; Fabian Faylona, Eric Lacheiner-Kuhn, Absolventen HSPF

Gebaut wurde das Haus von der berufsqualifizierenden Vorbereitungsklasse der Carlo Schmid Schule Pforzheim im Fach Holz von Schülern mit überwiegend migrantischem Hintergrund unter der Leitung von Rudolph Petermann.

Partner „A Fair Land Pforzheim“: Stadt Pforzheim, HEED Institute for Human Engineering & Empathic Design HSPF, Karl Schlecht Stiftung, Carlo Schmid Schule, Mössinger Waterworxx GmbH

Förderer: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg – Sonderprogramm „Gesellschaftlicher Zusammenhalt – Förderung von künstlerischen und kulturellen Projekten. 

 

Die Hochschule Pforzheim, die Stadt Pforzheim, das Kulturhaus Osterfeld und der Stadtjugendring (SJR Betriebs gGmbH) sind Kooperationspartner des Projektes „SPIEL MAL“. Den Auftakt der Kooperation, die die Hochschule koordiniert, bildet das Teilprojekt „A Fair Land Pforzheim“. Gefördert wird das zwei Jahre dauernde Projekt „SPIEL MAL“ vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg – Sonderprogramm „Gesellschaftlicher Zusammenhalt – Förderung von künstlerischen und kulturellen Projekten. 

Liam Gillick im Fair Land

News

Wie wirkt der Mensch auf den Planeten ein? Der britische Künstler Liam Gillick thematisiert diese Frage unter Verwendung der IPAT-Formel in seinem Werk „I=PxAxT“, das jetzt im „Fair Land“ auf dem Pforzheimer Waisenhausplatz zu sehen ist. „A Fair Land Pforzheim“ ist ein Projekt der Fakultät für Gestaltung der Hochschule Pforzheim und setzt sich bis in den Sommer hinein mit Kunst, Design und Architektur auseinander.

Die Formel I=PxAxT geht auf die US-amerikanischen Wissenschaftler Paul R. Ehrlich und John Holdren zurück. Mit ihrer Gleichung wollten sie 1970 auf die Folgen des menschlichen Einwirkens für unseren Planten hinweisen. I steht dabei für Impact (Umwelteinwirkung); dieser resultiert aus P (Population/Bevölkerungsgröße) mal A (Affluence/Wohlstand) mal T (Technology/Technik). In seinem Buch „Die Bevölkerungsbombe“ von 1968 sagte Ehrlich massenhafte Hungersnöte voraus: Durch das Bevölkerungswachstum entwickle sich eine Ressourcenknappheit, obwohl der Wohlstand und der technische Fortschritt zunähmen. Ganz generell stellt die Gleichung einen Zusammenhang von Bevölkerungszahl, Wohlstand und Technik her. Die brisante Formel besitzt nach wie vor Gültigkeit, wenngleich Ehrlichs katastrophale Vorhersagen bisher nicht mit der angekündigten Geschwindigkeit eintraten.

„Durch Liam Gillicks Arbeit wird die Model Village ‚A Fair Land‘ in einen größeren Zusammenhang gestellt. Fragen von nachhaltiger Entwicklung, die wir hier im Kleinen aufwerfen, skaliert ein ‚Weltstar‘ mit der IPAT-Formel quasi auf Weltniveau“, betont Dr. Robert Eikmeyer von der Hochschule, der das Gesamtprojekt konzipierte. Er arbeitet seit 2011 mit dem Briten zusammen. Gillick war erstmals in der von Eikmeyer kuratierten Ausstellung „Als die Wälder auf Reisen gingen“ in Pforzheim vertreten und gestaltete 2019 die von Professor Dr. Thomas Hensel und Dr. Robert Eikmeyer kuratierte Bauhaus-Jubiläumsausstellung BAU [ SPIEL ] HAUS im Neuen Museum in Nürnberg.

Der 56-jährige Gillick bedient sich verschiedenster Formate, um das ideologische Kontrollsystem zu entlarven, das Anfang der 1990er Jahre entstand. An die Stelle von Fabriken, Fertigungshallen und Werkstätten der alten Industrien traten Lobbys, Foyers, Konferenzräume sowie Cafeterien und bilden die formale Sprache des neoliberalen Kapitalismus. Materialien wie Aluminium und Plexiglas, die in der Moderne für progressive Architektur und Design standen, wurden zu Teilen der Matrix dieser neoliberalen Geschäftswelt. Unter Verwendung der Ästhetik dieser neuen Geschäftswelt demonstriert Gillicks Arbeit, wie das modernistische Erbe von Abstraktion und funktionaler Architektur, eingebettet in den globalen neoliberalen Kontext, dysfunktional wird.

Mit eigenen Beiträgen war Liam Gillick u.a. an der documenta X und den Biennalen von Venedig, Berlin und Istanbul beteiligt. 2009 gestaltete er den Deutschen Pavillon auf der 53. Biennale von Venedig mit „How are you going to behave? A kitchen cat speaks“. Gillicks Werke finden sich in den weltweit bedeutendsten und einflussreichsten Museen und Sammlungen, darunter dem Museum of Modern Art, dem Guggenheim Museum, der Tate Modern und dem Centre Pompidou. Liam Gillick lebt und arbeitet in New York.

Mehr Information zu „A Fair Land Pforzheim“ bei Instagram unter @afairland_pf

Die Arbeit entstand mit freundlicher Unterstützung der Mössinger Waterworxx GmbH Pforzheim

Fotos: Lara Zettl und Julian Kirschler, Porträtfoto von Liam Gillick: privat

Pressekontakt: birgit.meyer(at)hs-pforzheim(dot)de, Tel: +49 (7231) 28-6718

Fotos: Lara Zettl und Martin Schaaf

 

 

Übersicht aller Teilprojekte:

 

SPIEL MAL startet im Frühjahr 2020 mit A Fair Land Pforzheim. Dieses Projekt verantwortet die Fakultät für Gestaltung in Kooperation mit der englischen Künstlerorganisation Grizedale Arts. Die kollaborative ‚Model Village‘ „A Fair Land Pforzheim“ ist ein von Künstlern und Designern geleitetes Funktionssystem für das Leben vor Ort und wird von April bis Juli am Waisenhausplatz realisiert. Mit „A Fair Land Pforzheim“ setzt die Fakultät für Gestaltung ihre erfolgreiche Reihe zum partizipatorischen Design fort, in der bisher u.a. Workshops mit Assemble & Grizedale Arts (The Creative Everyday 2016), Assemble & Simon Jones Studio (A Charaterful Family of Furniture 2017) und Van Bo Le-Mentzel & Vitra (Co-Playing-Möbel und -Spielplätze 2018) stattgefunden haben.

‚Entwerfen’ wird hier als eine Praxis des Designs verstanden, die Orte, Artefakte und Kontexte hervorbringt, die die Handlungsspielräume der Benutzer erweitern, wodurch die Beziehungen der Menschen untereinander und zu ihrer Umwelt vorübergehend neu organisiert werden. Ziel des Projekts ist es, sinnvolle Dinge und Erfahrungen aus einem absoluten Minimum an Materialien zu schaffen. Das Projekt startet mit einer Mehrzweckpflanze – in diesem Fall einer schnellen und einfachen – Zucchini. Mehrere hundert Jungpflanzen werden vor Ort angebaut und bilden ein spektakuläres Strohballengrundstück. Aus dieser Ernte entwickeln sich weitere Produkte und eine eigene Ökonomie. Das zweite Element von „A Fair Land Pforzheim“ ist ein Mehrzweck-Gebäude, eine Art ‚Village Hall‘, in der Design-Workshops stattfinden oder Lebensmittel zubereitet und gelagert werden. Der Prototyp von „A Fair Land“ wurde von Grizedale Arts 2016 zum ersten Mal im Irish Museum of Modern Art realisiert.

„A Fair Land Pforzheim“ wird durch ein umfangreiches Begleitprogramm mit zeitgenössischen Künstlern/Designern und lokalen Akteuren ergänzt. Das Performance-Programm, die Model Village und der Straw-Bale Garden werden von Absolventen, Studierenden und freiwilligen Helfern betreut. Höhepunkt der Veranstaltungen sind das FAIR FESTIVAL mit Musik und Performances und die ACTIVITY WEEK „How to Build your own Living Structures“ u.a. mit Vertretern der Sweet Water Foundation (Chicago, USA), der Architecture, Landscape and Design School (Kiwanosato, Japan), The Land Foundation (Chiang Mai, Thailand) und Beiträgen von Künstlern wie Rirkrit Tiravanija (New York, USA) u.a.
 

Interdisziplinäre Theaterprojekte werden quer durch die Stadt und stadtteilübergreifend durch verschiedene Kulturinstitutionen gemeinsam gestaltet. Arbeitsschwerpunkt wird dabei das generationen- und kulturübergreifende Zusammenspielen aller Bürger, mit und ohne Migrationshintergrund, und aller Bildungs- und Altersschichten sein. Basierend auf bisherigen Erfahrungen wird das Kulturhaus Osterfeld den Projekten eine theaterpädagogische Anleitung und den notwendigen Rahmen bieten. Beim internationalen Musik- und Theater-Festival im Juli/August 2020 bietet sich eine Bühne, zur Präsentation und Zusammenführung der einzelnen Theaterprojekte, die für nicht-professionelles Theater so sonst nicht zugänglich ist. Auch Straßen werden dabei gezielt als Bühnen forciert, um so eine lebendige, autofreie Innenstadt zu erleben. Die SJR Betriebs gGmbH unterstützt das Projekt mit Räumlichkeiten und Kontakten vor Ort in den Stadtteilen. Die Hochschule Pforzheim konzipiert flankierende Lehrformate und gestaltet den Stakeholderdialog.
 

Das Projekt `Mein Schulweg´ wird an mindestens einer Schule in Pforzheim initiiert. Das Projektteam bestehend aus der SJR Betriebs gGmbH, Hochschule Pforzheim, der Stadt Pforzheim und regionalen Kulturschaffenden hat das Ziel, Schulwege interessanter und sicherer zu machen. Durch kunstvolle Gestaltung von sicheren Schulwegen und etablieren von gemeinsamen Treffpunkten für einen gemeinsamen Schulweg soll der Weg in die Schule zu Fuß eine zusätzliche Attraktivität erfahren. Zu den entsprechenden Ergebnissen kommt das Projektteam durch partizipative Workshops mit den Kindern in den jeweiligen Schulen und Begleitforschung im Sinne der Citizen Science durch die Hochschule Pforzheim. Das Ziel ist es, für die teilnehmenden Schulen sichere, von Eltern und Kindern anerkannte Schulwege zu schaffen, die zu Fuß bewältigt werden können.

 

 

Ansprechpartner:

Projektleitung: Stefanie Wetzke, Tel: (07231) 28-6653
Konzeption „A Fair Land Pforzheim“: Dr. Robert Eikmeyer 
PR: Birgit Meyer