Design PF

Eine Auswahl von Abschlussarbeiten im MADFM

Bild studentische Arbeit: Sabrina Bündgens, Exthinktion Sabrina Bündgens, Exthinktion 2022

Sabrina Bündgens "Exthinktion"

Konventionelle Landwirtschaft in ihrer heute praktizierten Form kann als das Gegenteil von Nachhaltigkeit gesehen werden: unfruchtbare Böden, Begünstigung des Klimawandels und die Zerstörung biologischer Vielfalt sind nur einige ihrer dramatischen Konsequenzen. Dabei haben Verbraucher*innen landwirtschaftlicher Produkte einen enormen Einfluss auf deren Herstellung und damit auch auf daraus resultierende Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Da sich Konsumierende allerdings zumeist nicht mit den Folgen konventioneller Landwirtschaft auseinandersetzen, nutzen sie eben diese maßgebende Position nicht aus, obwohl dies dringend nötig wäre, um zuvor genannte Konsequenzen einzudämmen bzw. umzukehren. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Ursachen dieser Verdrossenheit der Konsumierenden und hat zum Ziel, mögliche Gegenmaßnahmen hierfür zu entwickeln. Dabei werden sowohl eine weitreichende Literaturrecherche als auch Umfragen und Experimente genutzt, um diese Verhaltensmuster zu verstehen und so mögliche Ansätze zur Sensibilisierung der Konsumierenden zu erarbeiten.

Pictures of student project by Chun Tong, Koevolution 4.0 Chun Tong, Koevolution 4.0, 2022

Chun Tong "Koevolution 4.0"

„Why should our bodies end at the skin, or include at best other beings encapsulated by skin?“ (1991) schreibt Donna Haraway in A Cyborg Manifesto.

In meiner Thesisarbeit habe ich mich mit der Beziehung zwischen Hautderivaten und Körperausscheidungen und Körpergrenzen beschäftigt. Es wurde eine Reihe von interdisziplinären Materialexperimenten auf der Grundlage von Haaren, Nägeln und Schweiß durchgeführt. Welches sind die möglichen Anwendungen dieser Stoffe? Wenn sie als Materialien an der Konstruktion unserer Umwelt teilnehmen, erstrecken sich unsere Körper dann nach außen? Wenn sie entworfen und dann zur Körperdekoration verwendet werden, können wir in gewissem Sinne als eine Art Cyborg gesehen werden, eine Kombination aus "Ich" und "Mich". Welchen emotionalen Wert haben Schmuckstücke aus Haar, die wieder am Körper getragen werden?  Ich habe zwei neue Begriffe entwickelt: "Menschstoff" und "Wenschen", die sich mit den Möglichkeiten der Verwendung menschlicher Materialien im Bereich des Designs befassen. Ich diskutiere die Koevolution des menschlichen Körpers, der Objekte und der Umwelt unter der Semantik der "Future Making".

Pictures of student project: Anthea Oestreicher, (B)OTHERING Anthea Oestreicher, (B)OTHERING, 2022

Anthea Oestreicher "(B)OTHERING – substrate of coexistence"

(B)OTHERING ist die Störung des Bekannten durch das Begegnen von Wesen in ihrem Anderssein. Es ist die Methode, durch die das Bekannte erst im Kontrast als bekannt sichtbar wird und damit selbst wieder fremd werden kann. Störungen eröffnen dabei Handlungspotenziale und machen ungeahnte Transformationen möglich. Sich auf eine Andersartigkeit einzulassen und das Substrat der Koexistenzen zu vermitteln, eröffnet Raum für gemeinsame Formfindungen. Durch Beobachten und Erfassen in Disziplinen zwischen Natur- und Geisteswissenschaften wird das Miteinander-Werden distinkter Entitäten kartographiert und glossarisch aufgearbeitet. Dieses sensitive Erfassen überträgt sich in »Selbstdrucken«, Fotogrammen, Verbildlichungen auf lichtempfindlichen Substanzen und lebenden Artefakten, die von Wechselspielen, Inter- und Intraaktion berichten. Die durch die Sympoiesis der Akteur_innen entstandenen Artefakte zeigen neue Wege auf, um Paradigmen zu stören, sich kritisch zu positionieren und Design in seiner Mittlerfunktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu testen, es als Reflektion des Gewohnten im Ungewohnten – (B)OTHERING – zu begreifen.

Picture of student project by Kevin German Kevin German, fff...(...)(...)(fff...(...)(...)(fff...(...)(...)(...))) ?, 2021

Kevin German "fff...(...)(...)(fff...(...)(...)(fff...(...)(...)(...))) ?"

Wenn Albert Camus den Grundsatz aufstellt „[...] die Handlungsweise eines aufrichtigen Menschen müsse von dem bestimmt werden, was er für wahr hält [...]“ [6, S. 7], dann liegt es nahe, dass aufrichtige Menschen Wahrheiten als objektive Anker benötigen. Doch stellt sich hier für diesen Menschen die Frage, wo jene aufzufinden sind. Auf der Suche nach diesen wurden von der Neurobiologie über die Systemtheorie bis hin zur Sprache verschiedene Disziplinen durchschritten, um dort mögliche objektive Anker zu finden. Letz- ten Endes wurden auf dieser Suche keine gefunden, ganz im Gegenteil, der Glaube an diese wurde sogar abgestoßen. Doch dafür wurden viele wertvolle Erkenntnisse konstruiert, die alle mit einem schwindelerregenden Term in Verbindung gebracht werden können, der schließlich sogar von der absoluten Freiheit und Verantwortung bis zum Sinn des Lebens führte.

Joshua Burghardt, The invasive identity of bamboo, 2021

Joshua Burghardt "the invasive identity of bamboo"

Das Bambusrohr wird als eine der stabilsten, leichtesten und effizientesten Strukturen der Welt bezeichnet. Trot- zdem wird es durch seine `nicht standardisierbare ́ Form von der industriellen Verarbeitung gemieden. Dies führt in der westlichen Gesellschaft immer noch zu einer Stigmatisierung des Rohres. Das Ziel dieser Thesis ist es neue Potentiale der Bambusrohrnutzung mithilfe der Bearbeitung des Lasercutters zu erarbeiten. Hierfür wurden neben der Optimierung des Lasercutters, Laserexperimente mit dem Bambusrohr durchgeführt. Auf Basis der Erkenntnisse konnte eine Bearbeitungstechnik entworfen werden, welche die Laserbear- beitung mit einem Craftsmanship-Prozess kombiniert und so eine materialgerechte und flexible Bearbeitung des Bambusrohrs ermöglicht.

Nina Hanselmann, Symbeyond Realities, 2021

Nina Hanselmann "Symbeyond Realities"

Die Prozesse einer zunehmenden Technologisierung der Welt und der natürlichen Evolution verlaufen in verschiedenen Tempora. Während immer neue Erfindungen und Systeme, Ideen und Maschinen unseren Alltag beeinflussen, verläuft die natürliche Evolution nicht schneller als zuvor. Diese Asynchronität der beiden Prozesse bedarf einer Substitution fehlender Sinne für eine „technologische Welt“. Symbeyonden nehmen sich dieses sensuellen Defizits an und ersetzen, erweitern oder ergänzen fehlende Sinne. Max Scheler beschreibt in seinem gleichnamigen Buch „Die Stellung des Menschen im Kosmos“ und theoretisiert den Übergang der Menschwerdung anhand eigener Theorien. Für ihn ist der Mensch dann Mensch geworden, als er sich die 4. der 4 Sphären seines Modells des „Überräumlichen und Überzeitlichen“, für sich erschloss. Die Fähigkeit, in die Zukunft zu planen, sei allein dem Menschen eigen. Scheler stellt zudem fest, der Mensch habe als einziges organisches Lebewesen einen Geist und sei daher nicht mehr trieb- und umweltgebunden, sondern frei und weltoffen.

Mit der Erschließung der „überzeitlichen und überräumlichen“ 4. Sphäre spannt sich für den Menschen eine Weite auf, die er nicht zu greifen vermag. Die Erfindung von Maschinen, Computern und anderer Technologie erweitert diese Sphäre zunehmend und verweigert dem Menschen den Zutritt. Dieses „unbekannte Unwissen“, „Welche Folgen/Möglichkeiten hat die Technologie?“, findet in der Einordnung der Symbeyonden ebenso seinen Platz, wie die „sensuellen Defizite“. Letztere bezeichnen ein Möglichkeitsspektrum, dass ein Mensch durch Technologie zwar erahnen, jedoch nicht mit seinen eigenen Sinnen begreifen kann. Beispiele hierfür wären die WLAN-Strahlung oder die Erderwärmung. Die Symbeyonden sollen zur physischen Erfassung der „sensuellen Defizite“ beitragen und einen spekulativen Möglichkeitsraum aufspannen.

Lisa Grocholski, Wohnen, 2021

Lisa Grocholski "Wohnen: Ein Blick zurück nach vorne"

Die vorliegende Arbeit mit dem Titel "Wohnen: Ein Blick zurück nach vorne" geht der Frage nach, wie das Wohnen in urbanen Quartieren, insbesondere dem Forschungsquartier Au in Pforzheim, künftig verbessert werden kann. Der Fokus liegt dabei auf der Ent- wicklung einer gemeinsamen Sprache für alle beteiligten Akteure*innen sowie möglichen Handlungsempfehlungen für das Forschungsquartier. Da das Quartier Au neben vielzähligen Problemen auch bisher nicht ausgeschöpfte Potenziale birgt, eignet es sich in besonderem Maß als Forschungsquartier. Neben den Grundlagen des Wohnens be- schäftigt sich diese Thesis intensiv mit der Geschichte, der gegenwärtigen Situation und der Zukunft des Wohnens. Darüber hinaus wird das Forschungsquartier, dessen Woh- nungsmarkt und die Forschungsgruppe, d.h. die Bewohner*innen des Quartiers, unter- sucht. Um eine geeignete Sprache für den interdisziplinären Dialog zu entwickeln, wird neben der Literaturrecherche auch eine empirische Forschung durchgeführt. Die ersten Entwürfe werden in den durchgeführten Workshops partizipativ erprobt, angepasst und verbessert, bevor das Konzept anschließend im praktischen Teil dieser Arbeit in ein Me- thoden-Kit transformiert wird. Des Weiteren werden aus der empirischen Forschung mögliche Handlungsstrategien und methodische Praxisempfehlungen für das For- schungsquartier abgeleitet. Diese Thesis liefert damit keine vordefinierte Lösung, son- dern eine selbst ermächtigende, flexible Strategie, die auf eigenen Erfahrungswerten be- ruht. „[...] (Da sich) die Art und Weise wie Menschen zusammenleben und auch die Art und Weise, beispielsweise wie wir arbeiten und wo wir arbeiten [...] stetig (verändern)“, wie Experte E17 im Interview betont, ermutigt diese Arbeit zu einer stetigen Weiterent- wicklung und Anpassung des Quartiers an die Bedürfnisse der Bewohner*innen. Als Hilfsmittel stellt sie dafür ein umfangreiches Spektrum aus partizipativen und flexiblen Methoden sowie Strategien bereit, die auch für andere urbane Quartiere hilfreich sein können. Einige der gemeinsam entwickelten Ideen, die im Rahmen des Workshops ent- standen sind, wirken bereits vom Forschungsquartier aus, bis in die Stadt Pforzheim hin- ein und verbessern so die Lebensqualität der Bewohner*innen.

Vanessa Ohlhausen, Tantra, 2020

Vanessa Ohlhausen "Tantra"

Das Konzept von Mann und Frau wird im Tantrismus objektiv betrachtet. Es wird angenommen, dass der Mensch als integraler Bestandteil des Universums das männliche und weibliche Prinzip in sich vereint. Das westliche Denken ist stark von binär- kategorischen Vorstellungen geprägt. Dabei wird der Mensch sexuell bestimmt und kann einer Reihe gesellschaftlicher Regulierungen unterworfen werden. In der Arbeit Tantra wird die Binarität als objektive Information in einem relativen Feld erkannt. Dadurch wird der menschliche Körper als ein Knoten in einem materiell- semiotischen Bedeutungsfeld gesehen. Vanessa Ohlhausen lädt Sie herzlich zu einer Art Drag-Performance ein, bei der die Illusion einer festen Idee von Körpern problematisiert wird.

Benjamin Wengert, Design for Nothing, 2020

Benjamin Wengert "Design for Nothing"

Die Fülle nach der wir uns zu Lebzeiten sehnen, formt uns und unser Handeln. Durch unser Handeln erschaffen wir Artefakte, unsere Artefakte erzeugen Welten. Das Handeln ist dabei nicht frei, sondern wird durch Programme unterworfen. Anstelle von divergenten Welten, wo sich das Neue entfaltet, entstehen konvergente Welten, in denen das Neue vergeht. Der Verfasser entzieht sich dem Status Quo und berichtet über eine desynchronisierte* Erfahrung eines schaffenden Prozesses und dessen Einwirken.

*(scheinbar) + wirkungslos, zwecklosen, konventionellen, aussichts- losen, ergebnislose, grotesk, unwissende, absurd, unzulänglich, ge- dankenlos, unüberlegte

Jessica Giuliano, Über die Gestaltung von Dimensionen, 2020

Jessica Giuliano "Über die Gestaltung von Dimensionen"

Der Begriff der Dimension wird im gesellschaftlichen Sprachgebrauch oftmals als eine Ausdehnung von Größen, gemeinsam mit dem Raumbegriff in Zusammenhang gebracht und durch die x-,y- und z-Achse definiert. Doch wie der Mensch einen architektonischen Raum wahrnimmt, wird von diversen Phänomenen beeinflusst, welche innerhalb eines Raumes existieren. So hängt das menschliche Empfinden beispielsweise von der Temperatur innerhalb eines Raumes ab. Wird dieser Raum als warm empfunden, geschieht dies durch die Dimension der Wärme. 

Diese Phänomene lassen sich auch auf den sozialen Raum übertragen, was zur Folge hat, dass jeder Lebensraum weitaus mehr als nur drei Dimensionen beinhaltet und zu der These führt, dass unzählige Dimensionen existieren und wir somit in einer n-dimensionalen Welt leben. Die Masterarbeit „Über die Gestaltung von Dimensionen“ setzt sich mit der Gestaltung n-dimensionaler Lebensräume auseinander und erforscht die unterschiedlichen Faktoren, durch die sie geformt werden. Um zu verstehen, welche Dimensionen uns umgeben, werden sowohl die unterschiedlichen Phänomene, als auch die dazugehörigen Dimensionen bewusst betrachtet, aufgesplittet und verschoben, um mögliche Verbindungen sowie Abhängigkeiten zu erforschen. Es gilt herauszufinden, wie die unterschiedlichen Dimensionen wahrgenommen werden und ob das Denken in Dimensionen ein neues Bewusstsein für die Gestaltung der Zukunft schaffen kann.

 

 

Alexandra Mavlutova, Align, 2020

Alexandra Mavlutova "Align"

Das Projekt A L I G N bewegt sich zwischen zwei Welten. Der akademischen und der künstlerischen. Hiermit, im Rahmen des Studiengangs Design and Future (of) Making wird eine Brücke geschlagen. Es ist ein Beitrag zur Vielfalt der Beziehungen von Mensch und Raum. Die Unterschiede von künstlerischem und designwissenschaftlichem Forschen werden hier als synthetisierende Werkzeuge eingesetzt, um andere Sichtweisen zu kreiieren. Der theoretische und der praktische Teil von A L I G N münden in einem „Reich“, worin Behauptungen einerseits künstlerisch resonierend in der Luft schweben und andererseits nach wissenschaftlichen Kriterien belegt werden. Beide Herangehensweisen funktionieren in diesem „Reich“ gemeinsam und ergänzen sich gegenseitig.

Dafür wurden auditiv-kinästhetische Installationen, basierend auf Feedback im „realen“ physikalischen Raum geschaffen. Vorstufen dienen exemplarisch als Grundlage für die spätere Inszenierung der Installation. Das Ziel ist ein fortwährendes Bewegen und Beobachten von sich selbst. Findet eine Bewegung statt, bezieht diese sich auf einen „zurückgelegten“ Raum, physikalischer oder mentaler Natur. Dabei ist egal, ob eine Hand bewegt wird oder ein Gedanke springt. Die Schwierigkeit dabei ist unsere individuell begrenzte Gedankenwelt zu durchbrechen und sie zu erweitern.

Amina El Shazly, How can the informal…, 2019

Amina El Shazly "How can the informal in the egyptian handcraft sector lead to the self generation of development opportunities?"

Egypt has a lot of unforeseen and unleashed skills that provide good opportunities for advancement in development. Craftsmanship is an important sector in Egypt; the handcraft sector is the second largest in Egypt that comes after agriculture, however it has been sidelined during the past 3 decades. About 5 million craftsmen work in this sector and it is estimated that about 90% of sector works informally. There are lots of craftsmen that are not well recognized and sometimes not even integrated in the market diversity. According to the conducted surveys and interviews this could be due to many factors, such as not meeting consumers’ and markets’ expectation in aesthetics, quality or even bad communication channels. Although they are skillful, yet they lack the needed exposure to new designs, innovations, design methods and strategies that are needed for the advancement of their crafts. The informal sector opens doors for exploration, experimentation, trials and errors, which fits perfectly with the creative sector. Through field research and market observation most of the craftsmen in Egypt are working informally however not using this philosophy for the development in their field. They are afraid of taking risks and applying change to what they have been doing for years and years; hence stagnating in the market and even losing their stance in the market.

The thesis is answering the question:” How can the informal in the handcraft sector lead to the self-generation of development opportunities?”. The results were built upon the case study of pottery making in Egypt. The objective is to find opportunities from within the sector and to explore how to implement certain strategies, to promote self-generated opportunities that will be familiar and acceptable to the craftsmen as well as co-creating with them. The research illustrates the positive characteristic of the informal alongside the importance of craftsmanship and the challenges they face, which has been reflected through the implementation of three mini projects, tackling the opportunities of development and self-generation in the handcraft sector in Egypt by focusing on the lost values of the crafts and regaining the status in the market again. A proposed program for practical implementation is developed based on the study and the practical projects findings.