Design PF

Nachhaltige & Interdisziplinäre Projekte

Less Bad More Good – Neue Produkte aus nachhaltigen Materialien im Industrial Design

In Deutschland werden derzeit weniger als 20 Prozent der Plastikabfälle recycelt. Kompostierbare Kunststoffe, natürliche und schnell nachwachsende Materialien werden künftig also immer wichtiger. Die Studierenden im Studiengang Industrial Design hatten bei Professor Manuel Aydt die Aufgabe, ein Produkt zu gestalten, das den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft folgt und auf die Nachhaltigkeit der Materialen setzt. Basis der Entwürfe waren die 10 R’s der Kreislaufwirtschaft: Refuse, Rethink, Reduce, Reuse, Repair, Refurbish, Remanufacture, Repurpose, Recycle, Recover. „Die Masse ist entscheidend“, sagt Professor Manuel Aydt. „Wir brauchen Gebrauchsgegenstände die sowohl industriell herstellbar als auch ökologisch verträglich sind.“ Es ist einfach, ein Produkt nachhaltig zu gestalten, wenn es als Einzelstück in einer Manufaktur gefertigt wird. „Mehr positive Auswirkungen haben wir, wenn nachhaltige Produkte in großen Mengen hergestellt werden.“
 

Ein Antigentest ganz aus Papier von Eric Wilhelm. Foto: Eric Wilhelm

Student Eric Wilhelm hat die Unmengen an Plastikmüll der Antigentests in Pandemie-Zeiten noch vor Augen. Mit seinem Konzept „Snüffelstück“ hat er einen Test aus Papierspritzguss erarbeitet, der 100% recyclebar und kompostierbar ist. Ebenso achtet er darauf, dass auch Verpackungen und Testkomponenten umweltfreundlich sind.

Schicht für Schicht aus Altpapier ist der Hocker von Luis Girst. Foto: Luis Girst

Mit dem Material Papier hat auch Luis Girst gearbeitet. Sein Hocker mit dem Titel „Sheeated – A Seat Out Of Sheets” besteht aus vielen Lagen Zeitungspapier und alten Pappen. Die Variante ist durch die Verklebung sehr robust und spart Materialien wie Holz oder Metall.

Schutzsohle aus Kaugummi von Luca Hörer. Foto: Luca Hörer

Luca Arthur Hörer hat sich mit Schuhsohlen befasst: Bei Schuhen ist es fast immer die Sohle, die zuerst kaputt geht und Grund dafür ist, dass Schuhe entsorgt werden. „Gum-Tec“ ist eine stylische Sohle aus Kaugummi, die man über die Sohle des eigenen Schuhs zieht: sieht cool aus und schützt die Schuhsohle vor Abnutzung. „Gum-Tec“ lässt sich mit dem eigenen Schuh verkleben, löst sich aber wieder mit Heißluft. Und weil sie aus Kaugummi besteht, kann sie nach Gebrauch eingeschmolzen und neu gefertigt werden.

Bambus und Myzelium sind die Materialen für Diane Lauermanns Leuchte. Foto: Diane Lauermann

Für Diane Lauermanns Tischleuchte „Lúmin“ ist kein Werkzeug nötig, um sie in eine Pendelleuchte zu verwandeln. Auch das erleichtert Wiederverwendung und Recycling. Das Gestell besteht aus Bambus, einem schnell nachwachsenden Rohstoff, während der Lampenschirm aus Myzelium gefertigt ist – zu 100% biologisch abbaubar.

One size fits all: Der Blumenkasten von Alena Strothmann lässt sich variabel vergrößern. Foto: Alena Strothmann

Alena Strothmann wünschte sich einen Blumenkasten, der langlebig ist und in der Größe variabel. Ihr System ist modular, kaputte Teile lassen sich einfach austauschen und die Länge des Kastens passt sich an. „Hänga“ besteht aus zwei U-förmigen Endmodulen aus Meeres-PET, zwei Seitenbrettern aus Holz, einem Boden und einem Gurt, mit dem die Einzelteile festgezurrt werden. In die Endmodule hat die Studentin zusätzlich noch Wassertanks integriert.

Flachs ist einer der stärken Naturfasern und kann auch Motorrad-Sitzbank, zeigt Leon Wehr. Foto: Leon Wehr

Für ein Surron-Elektromotorrad hat Leon Wehr seine Sitzbank „Flax“ entwickelt. Sie besteht aus Flachs statt Carbon und Glasfaser. Flachs ist eine der stärksten Naturfasern und hat vergleichbar mechanische Eigenschaften wie Glasfaser, ist aber viel umwelfreundlicher. Sein Sattel ist länger und dadurch komfortabler und wirkt besser als Spritzschutz für das Hinterrad.


To Dye For – Farben aus Pflanzen, Mineralien und Insekten

Im Kurs 'To Dye For' ging es darum, wie wichtig die Farbgebung im Gestaltungsprozess ist: „Wir sind oft zu sehr getrieben von Form und Funktion“, sagt Simone Sommer. Die Studierenden haben gelernt, wie sehr Farbe den Charakter von Gestaltung mitbestimmt. Farben gehören zu den elementarsten und wirkungsvollsten Gestaltungsmitteln, bestimmen Begehrlichkeit und Funktionalität mit und sprechen oft unterbewusst unsere Wahrnehmung und Assoziationen an. Dabei ist uns kaum noch bewusst, dass viele Farben ganz natürlich um uns herum wachsen. 

In verschiedenen Experimenten forschten Studierende aus AD, MD, TD und VK ein Semester lang an Farbschemata, Tönungen und Extrakten aus Blüten, Blättern, Rinden, Wurzeln, Insekten und Mineralien. Dabei entstanden unterschiedliche Ansätze zu thematischen Schwerpunkten bei der Auswahl der Farben: Farben aus Blüten aus lokalem Anbau, Farben aus Mineralien aus dem Steinbruch des Heimatorts oder Farben aus den Rinden von Obstbäumen. Bei der Anwendung auf verschiedenen Materialien standen Wolle und Baumwolle als Rohstoffe im Vordergrund, ergänzt und erweitert durch Projekte auf Holz, Papier und bereits digital bedruckten Stoffen in einem Mixed Media Verfahren.

'To Dye For', Interdisziplinäres Projekt 2023; Betreuung: M.A. Simone Sommer
Kooperationspartner*innen: Barbara Glasner; Matthias Böhme und Domus Lanae Litauen; Anna Lukhaub, Cilla Hilpert und Julia Staudt von Remedy e.V.

'Walnussschalen + ph-Wert' von Emma Mayer

Als lokal verfügbare Pflanze wurden in diesem Projekt Walnussschalen zum Färben von Leinen - und Baumwollstoffen verwendet. Durch die Veränderung des ph-Wertes der Färbeflotte mit Natron, Zitronensäure und Eisenessig wurden Farbnuancen und Abstufungen erzielt. Von einem hellen gelblichen Beige bis zu einem kühlen Anthrazit sind 8 Nuancen entstanden, die auf den verschiedenen Oberflächen eine unterschiedliche Intensität besitzen. Projekt detailliert ansehen

'Färben mit heimischen Baumrinden' von Samuel Letzgus

Gefärbt wurde jeweils Woll-, und Baumwollstoff mit heimischen Baumrinden (Birke, Weide (fermentiert), Walnuss, Apfel, Kirsche). Zusätzlich entstand pro Rindenart durch Essig und Eisenwasser je ein helleres sowie ein dunkleres Shading. Projekt detailliert ansehen

'Bodenschatz - Mineral Treasure' von Benno Soppa

Man muss nicht in exotische Länder reisen, um eine Vielfalt von Erdfarben zu sammeln. Ein aufmerksamer Spaziergang durch die örtliche Kiesgrube reicht aus!
Alle diese Pigmente wurden mit Hilfe von Mörsern und feinen Sieben aus Erde und Steinen aus der schwäbischen Landschaft hergestellt. Die Pigmente wurden dann mit Eitempera (einer Mischung aus Ei und Leinöl) auf unbehandelte Baumwollleinwand aufgetragen.Durch Verdünnen oder Variieren der Pigmentmenge im Verhältnis zum Bindemittel lassen sich beeindruckende Farbvariationen erzielen. Projekt detailliert ansehen


Futures From The Past – Designing With Natural Renewable Raw Materials

Im Kurs „Futures from the Past“ stand ein ganz altes und traditionelles Material im Mittelpunkt: die Bastfaser, auch Flachs oder Faserhanf genannt. „Faserhanf ist textile Wellness, weil er für alles gut ist“, sagt Simone Sommer. Er verträgt Kälte und Hitze, braucht keine Pestizide und ist regional verfügbar. Es gibt ihn seit Jahrhunderten, das Erdöl hat ihn aber an den Rand gedrängt. Das Seminar über die Bastfaser war ein Kooperationsprojekt mit dem Verein Sachsenleinen, Eschenbach Optik und der Accessoire-Sparte von Marc O‘Polo. An Brillengestelle denkt man nicht sofort, wenn es um NaWaRo, also Nachwachsende Rohstoffe geht. An hochwertige Taschen auch nicht. „Wenn wir heimische Rohstoffe mit modernen Fertigungstechniken bearbeiten und die Produktentwicklung daraufhin ausrichten, entsteht nachhaltiges Design.“ Vor allem in diesen Bereichen, die nicht auf der Hand liegen, sind Veränderungen notwendig und können zum Best Practise werden. Der relativ geringe ökologischer Fußabdruck von Flachs und Hanf in Anbau, Fasergewinnung und -verwertung machen sie potentiell zu den interessantesten regional erhältlichen Faserrohstoffen für innovative Fertigungstechniken wie Faserverbundstoffe oder 3D Druck. Daneben finden sich Flachs und Hanf wieder vermehrt in gewebten oder gestrickten Textilien oder auch Vliesstoffen wieder.

Unter Anregung und Anleitung der Industriepartner*innen wurden innovative Konzepte und Produkte aus den Bereichen Tasche und Brillenetui von Studierenden unterschiedlicher Studiengänge gestaltet, die Material und Fertigung unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in den Mittelpunkt stellen.

Betreuung: MA Simone Sommer, Prof. Dr. Steffen Reichert

'Futures From The Past' war ein Kooperationsprojekt des interdisziplinären Fachs „Material Innovations & Future Technologies“ aus dem Jahr 2023 mit Eschenbach Optik, Marc O’Polo Accessories und Sachsenleinen e.V.

Gedruckt mit Filament auf Flachs-Basis ist das Brillengestell von Henning Sadau. Foto: Henning Sadau

Mode-Student Henning Sadau hat mit seinem Entwurf vorgelegt und damit den internen Wettbewerb für sich entschieden: Die Gestelle seiner Sonnenbrillenkollektion aus dem 3D-Drucker bestehen aus biobasiertem Filament auf Flachs-Basis.

Die Arbeit von Luisa Windisch setzt sich mit dem Material für ein Brillenetui auseinander, welches komplett nachhaltig und kompostierbar ist. Es besteht aus einem Pappmaché-Hanffasergemisch, welchem dann im Form- und Pressprozess noch Blumensamen hinzugegeben werden. So kann der Käufer des Etuis es in Erde pflanzen und wird wenig später mit einer Blumenvielfalt erfreut. Die Blumensorten sind zudem speziell für Bienen ausgesucht und tragen so zum Erhalt eines gesunden Ökosystems bei. Projekt detailliert ansehen


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